Frau mit verschränkten Armen

Wissenschaftsbotschafterin Prof. Monika Bauer

Monika Bauer war Lehrstuhlinhaberin für Polymermaterialien an der BTU Cottbus-Senftenberg und bis 2015 Leiterin der Fraunhofer-Einrichtung für Polymermaterialien und Composite (PYCO) in Wildau und Teltow. Seit 1973 arbeitete sie am Zentralinstitut für Organische Chemie an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin-Adlershof, war danach am Institut für Polymerenchemie (IPOC) der AdW in Teltow-Seehof, aus dem nach der Wende verschiedene Fraunhofer-Einrichtungen, u.a. das PYCO, hervorgingen.

 

Audio Version

Prof. Monika Bauer im Gespräch mit Thomas Prinzler (rbb Inforadio)

Wie geht es Ihnen als einzige Wissenschaftsbotschafterin?

Das ist mir ehrlich gesagt gar nicht so bewusst, dass ich die einzige bin. Insofern bin ich jetzt nachträglich doch ein bisschen verwundert. Aber für mich ist es auch eine relativ normale Situation, da ja in der Regel in den Naturwissenschaften und sehr stark auch im Bereich der Ingenieurwissenschaft leider eben immer fast nur Männer in den Führungspositionen anzutreffen sind.

Polymermaterialien, Kunststoffe, finden in der Industrie in vielen Bereichen Anwendung – vom Automobil- über den Flugzeugbau, in der Elektronik wie in der Medizin. Was zeichnet sie aus, dass sie so in allen Bereichen vertreten sind?

Wir befassen uns mit einer besonderen Materialklasse bei den Polymeren, nämlich mit denen, die vernetzen. Das heißt aus kleinen Molekülen werden große Netzwerke. Die Materialien, die wir entwickeln, bestehen im Extremfall nur aus einem einzigen großen Molekül, dass untereinander Vernetzungsstellen aufweist. Und diese Art von Entwicklung wird nicht in sehr vielen Forschungseinrichtungen durchgeführt. Der Vorteil ist, dass man unsere Polymermaterialien in der Regel thermisch und mechanisch höher belasten kann. Besonders wichtig ist das für die Luftfahrt. Das ist unsere größte Branche, für die wir im Moment arbeiten. Da ist es zudem wichtig, Gewicht zu sparen – vor allem bei den Verkehrsflugzeugen. Man kann das natürlich auch mit leichten, metallischen Werkstoffen machen. Doch ich kann Kunststoffe noch einmal deutlich leichter machen. Wenn Sie sich an die Kabinen erinnern, da werden Sie kaum ein Metall finden. Sie wollen ja auch nicht auf Metallstühlen sitzen. Also werden dort Kunststoffe eingesetzt. Und das sind Entwicklungen, die bei uns hier im Hause mit vorangetrieben werden.

Worin sehen Sie Ihre persönliche wissenschaftliche Herausforderung?

Mit den Entwicklungen, die wir hier durchführen, z.B. für die Luftfahrt, sind wir natürlich für die Energiewende sehr gut gerüstet. Das hat jetzt gar nicht nur mit der Politik unserer Bundesrepublik zu tun, sondern ganz generell. Wir wollen dafür Sorge tragen, das Ressourcen gespart werden einerseits und dass wir andererseits einen Beitrag zum Klimawandel durch geringeren Energieverbrauch einbringen wollen. Beispielsweise arbeiten wir deshalb auch an der Verarbeitungstechnik. Man braucht bei der Herstellung von Kunststoffen Wärme. Viele dieser Kunststoffe werden in Öfen hergestellt. Und wir setzen seit einiger Zeit die Mikrowellentechnik ein. Dadurch wird wesentlich weniger Energie verbraucht, weil direkt der Werkstoff erhitzt wird und nicht die ganze Kammer, in dem sich dann der Werkstoff befindet. Das ist ein großer Vorteil für die Zukunft.

Die Herausforderung liegt immer darin, dass besondere Eigenschaftsprofile gefragt sind, die eigentlich nicht so richtig zusammenpassen. Denken wir an die Kabine des Flugzeuges. Da werden brandfeste Materialien gebraucht, die aber leicht sein sollen. Das sind Eigenschaften, die nicht zusammenpassen. Kunststoffe brennen an sich sehr gut, aber es wird eine hohe Flammfestigkeit gebraucht. Man möchte außerdem noch, dass im Katastrophenfall das Flugzeug nicht zusammen fällt. Das heißt, wenn es denn schon brennt, dann möchte man auch, dass sich ein stabiles Gerüst bildet und man Zeit hat für die Evakuierung. Diese so genannte Keramisierung von Bauteilen im Brandfall ist ein Thema, das bei uns eine Rolle spielt.

Fraunhofer-Wissenschaftlerin zu sein, bedeutet an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu arbeiten – das machen Sie am PYCO in Wildau aber auch in Teltow und an der BTU Cottbus – wer sind da ihre Partner in der Wirtschaft?

Neben der Luftfahrt haben wir die Automobilbranche als einen großen Partner. Da arbeiten wir mit einigen Zulieferern der Automobilindustrie zusammen, z.B. im Bereich der Faserverbundwerkstoffe, nicht nur hier in Deutschland, sondern auch weltweit. Aber auch mit vielen kleinen Firmen um uns herum. Wir wollen natürlich auch vor allen Dingen für die Region einiges tun und deshalb ist uns diese regionale Vernetzung wichtig. Zum anderen gibt es hier auch recht spezielle Firmen – auch in Berlin natürlich, das gehört ja zum unmittelbaren Umfeld. Und wir versuchen hier halt spezielle Lösungen mit kleinen und mittelständischen Unternehmen zu finden. Insofern ein ganz wichtiger Punkt für uns.

Welche Rahmenbedingungen haben Sie? Welche wünschen Sie sich besser?

Wir hätten natürlich gerne einen Standort, an dem wir alle Arbeiten durchführen könnten. Das war in der Vergangenheit Teltow, aber da er nicht mehr ausreicht, würden wir hier in der Region, in Wildau, natürlich eine gute Möglichkeit sehen. Wir hätten erstens Industrie in der unmittelbaren Nähe, mit der wir kooperieren können und die Fachhochschule. Es ist auch nicht weit nach Cottbus zur BTU. Man kann ja mit dem Zug ganz rasch von Cottbus hier in Wildau sein. Außerdem haben wir die Möglichkeiten in Adlershof, mit der Humboldt-Universität, als einen wichtigen Partner für uns, aber auch mit vielen kleinen Firmen, die auf dem Adlershofer Gelände sitzen, zu kooperieren. Insofern suchen wir einen Standort, an dem wir natürlich auch verkehrstechnisch gut angebunden sind. Das sind wir hier mit dem zukünftigen Flughafen, der ja gleich um die Ecke ist. Das ist auch wichtig, weil wir viele Industriepartner haben, die auch schnell mal vorbeikommen wollen.

Welche Zukunftsvision haben Sie für Ihr Institut? Für den Technologiestandort?

Ich möchte natürlich das Institut weiter gedeihen und wachsen lassen. Im Bereich der Kunststoffe, mit denen wir uns befassen, insbesondere mit den Leichtbaumaterialien haben wir da die besten Voraussetzungen. Wir haben den Fokus seit ein paar Jahren auf Leichtbau gelegt und das war richtig.

Was sagen Sie als Wissenschaftsbotschafterin „der Welt“ über den Standort Teltow?
Ob in Teltow oder in Wildau – das hat gar nicht so viel mit dem Standort zu tun. In der PYCO wird Forschung durchgeführt im Bereich des Leichtbaus. In dem erbringen wir mit unseren Arbeiten Spitzenleistungen. Wir haben z.B. ein Verfahren entwickelt, mit dem wir die duromeren Werkstoffe, die in der Regel nicht recycle- und schlecht reparierbar sind, auf recht simple Art und Weise diese Eigenschaften geben können. Das heißt, wir haben hier neue Technologiemöglichkeiten, die wiederum sehr energiesparend sind, so dass wir einen Beitrag zur Energiewende leisten können, aber halt nicht nur in Deutschland, sondern ganz generell. Also wir sind mit den Werkstoffen, die wir hier entwickeln an vorderster Front und wollen das natürlich auch beibehalten.