Mann im hellen Anzug und Brille

Wissenschaftsbotschafter Prof. Hans-Gerd Löhmannsröben

Hans Gerd Löhmannsröben ist Professor für Physikalische Chemie an der Universität Potsdam. Prof. Löhmannsröben hat in Oldenburg, Göttingen und in den USA in Chapel Hill studiert und hatte bis 2000 die Professur am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg inne.

 

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Prof. Hans-Gerd Löhmannsröben im Gespräch mit Thomas Prinzler | rbb Inforadio

Sie arbeiten an der Schnittstelle zwischen zwei Wissenschaftsdisziplinen und sie befassen sich mit dem Zusammenhang von Licht und Molekülen. Was forschen Sie?

Ich interessiere mich dafür, was passiert, wenn wir elektromagnetische Wellen, besonders sichtbares Licht, wechselwirken lassen mit Molekülen. Was genau passiert da eigentlich? Mich interessiert der Einsatz von Lasern im Bereich der Chemie, aber auch der Umweltwissenschaften usw. Also was kann ich mit dieser einzigartigen Lichtquelle lernen? Was kann ich damit erreichen? Was kann ich damit machen, wenn ich das anwende in verschiedenen Disziplinen, zum Beispiel den Umweltwissenschaften oder auch der medizinischen Diagnostik?

Die Alzheimer-Krankheit zu erkennen ist ein Ziel?

Bei Alzheimer ist das so, dass wir immer noch keine gute Frühdiagnostik haben, das heißt, im schlimmsten Fall wird Alzheimer dann erkannt, wenn man Schnitte vom Gehirngewebe hat. Dann ist es natürlich zu spät. Wir wissen aber aus der medizinischen Forschung, dass es so genannte Biomarker gibt, das sind Biomoleküle zum Beispiel im Blut oder in anderen Körperflüssigkeiten, deren gehäuftes Auftreten eine Frühindikation von Alzheimer andeuten könnte – und das ist genau die Forschung, die wir machen. Wir versuchen also mit laserspektroskopischen Methoden diese so genannten Biomarker im Blut zu detektieren. Das ist natürlich nur in Kooperation mit vielen Partnern zu machen. Zum Beispiel ist die Charité als medizinischer Partner mit an Bord – ich habe keine medizinische Kompetenz. Das ist ein EU-Projekt, neun Partner aus sieben Ländern, darunter Israel, Finnland usw. Ein ganz hoch spannendes Projekt.

Sie sind seit 12 Jahren hier in Potsdam – warum?

Oh, Potsdam ist ein ganz spannender Wissenschaftsstandort. Ich bin im Jahre 2000 gekommen. Da war der Campus Golm voll im Aufbau. Wir sind Erstbezieher dieses wunderschönen Gebäudes hier. Das heißt, es war ganz klar, es gibt hier eine Dynamik, eine Entwicklung der Wissenschaft, die ganz steil nach oben geht und da wollte ich gerne dabei sein.

Was können Sie hier forschen, was sie anderswo vielleicht nicht können?

Ein Aspekt ist sicher die einzigartige Forschungsdichte. Es gab ja mal einen Spruch, dass die Wissenschaftlerdichte, also die Anzahl der Wissenschaftler pro Einwohner in Potsdam maximal ist. Das hängt natürlich, wie bei allen Statistiken, von geschickt gewählten Randbedingungen ab, aber es ist zweifelsohne so, dass wir allein in Potsdam mehr als 20 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen haben. Viele von denen sind Kooperationspartner von uns. Um es auf den Punkt zu bringen: Es gibt hier mehr Kooperationsmöglichkeiten, Vernetzungsmöglichkeiten, als wir eigentlich überhaupt bedienen können. Es gibt eigentlich keine mich interessierende wissenschaftliche Fragestellung, die nicht in irgendeiner Form in Golm, in Potsdam oder eben in Berlin bearbeitet wird.

Sie sind als Uni-Professor Grundlagenforscher und als Fraunhofer-Forscher kümmern sie sich auch um die Anwendung – wie wichtig ist ihnen das für Ihre Arbeit?

Mir ist die Nähe von Grundlagen- zur Anwendungsforschung sehr wichtig. Ich will auf der einen Seite in der universitären Forschung die Grundlagen solide, verständlich erarbeiten, aber ich will auch immer wissen, was kann ich damit anfangen. Das heißt, ich suche die Anwendungsnähe. Und diese Kooperation macht mir sehr, sehr viel Spaß, weil man im täglichen Leben dann mit Partnern zu tun hat, z.B. auch aus der Wirtschaft, wo ich sehe, das ihnen das Thema auf den Nägeln brennt, und ich ihnen vielleicht helfen kann. Das ist mir sehr wichtig.
Auf der anderen Seite bin ich natürlich auch Hochschullehrer, d.h. für die Ausbildung meiner Leute zuständig und auch da muss man ja schauen, dass sie eine Qualifikation haben, mit der sie auf dem Arbeitsmarkt etwas anfangen können.

Worin sehen Sie Nachteile des Standortes Golm?

Da muss ich wirklich eine Weile drüber nachdenken und das ist keine Koketterie. Die Vorteile sind offensichtlich: Wir sind ein ganz innovativer Standort. Nachteile, ganz ehrlich gesagt, fallen mir kaum welche ein. Wir haben natürlich strukturelle Probleme in der Hochschullandschaft in Brandenburg, wir haben Probleme in der Finanzierung… Aber ich muss ganz ehrlich sagen, dass zum Beispiel durch die Projektförderung sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene, über EU-Projekte, dass wir hier Arbeitsbedingungen haben, die ganz großartig sind. Ich weiß, ich bin Ihnen jetzt eine Antwort schuldig geblieben, aber mir fallen keine richtigen Nachteile ein.

Wie wichtig ist Potsdam, ist Golm in ihrem Bereich – kennt man Golm in China oder den USA?

Zunehmend. Es kommt natürlich immer wieder vor, dass ich gefragt werde: Wo kommen Sie her? Und wenn ich sage Potsdam, dann muss ich manchmal schon noch nachschieben, das ist in der Nähe von Berlin. Die Region wird als Wissenschaftsregion insgesamt wahrgenommen: Potsdam-Berlin, Berlin-Potsdam. Das ist völlig klar. Aber ich habe immer wieder Kontakte, sowohl im Wissenschaftsbereich als auch im Technologietransferbereich, die ganz klar Adlershof, Golm, die Standorte hier auf dem Schirm haben und wissen, was wir hier machen.

Was sagen Sie als Wissenschaftsbotschafter nun der Welt?

Oh das ist eine schwere Frage. Was sage ich der Welt? Ich versuche die „Wertschöpfung“ von der Ausbildung so zu gestalten, dass wir Absolventinnen und Absolventen haben, die hochqualifiziert sind, hochmotiviert sind. Das ist das Zukunftsthema für so ein Land wie Brandenburg und da versuche ich meinen Beitrag zu leisten.

Was hält Sie hier?

Löhmannsröben: Die Arbeitsbedingungen, die ich hier habe, sind wirklich ganz ausgezeichnet. Ich bin sehr stolz auf mein Team. Wir sind alles in allem 40, 50 Leute und das in einer Bandbreite interdisziplinär aufgestellt – das geht von Ingenieuren über Biologen hin zu Physikern und Chemikern. Diese Bandbreite gibt es sonst kaum irgendwo und das ist ganz maßgeblich, was mich hier hält.

Welche Rahmenbedingungen haben Sie? Welche wünschen Sie sich?

Verlässlichkeit, Sicherheit ist das Wichtigste, was wir brauchen. Wenn ich genau weiß, wie die Parameter der nächsten ein zwei Jahre sind, vielleicht sogar der nächsten drei bis fünf Jahre, Stichwort Hochschulentwicklungsplan, Stichwort Programmförderung, Stichwort vielleicht auch Aufhebung des Kooperationsverbotes auf Bundesebene. Wenn ich weiß, wie die Parameter sind, dann kann ich mich drauf einstellen. Das heißt Sicherheit, Verlässlichkeit ist ganz wichtig.

Welche Zukunftsvision haben Sie für Ihr Institut? Für den Technologiestandort?

Meine Vision ist, dass wir ein Photonikzentrum haben, wo die einzigartigen Lasereigenschaften auch in die Nachbardisziplinen eingebracht werden, so dass wir ein ganz leistungsstarkes Forschungszentrum dort haben. Weiterhin ist meine Vision, dass in der Verknüpfung mit den außeruniversitären Einrichtungen, hier direkt vor Ort, aber auch in Berlin und Potsdam, insgesamt wir ein starkes Forschungszentrum bilden, das auf Bundesebene und europäischer Ebene ausstrahlen wird.